15. Bachfest Schaffhausen vom 12. – 19. Mai 1985
Wieder stand die Matthäus-Passion auf dem Programm und schon fast als Tradition gestaltet von den Schaffhauser Chören unter der Leitung von Hugo Käch. Zudem kam sogar noch die zweite grosse Passion, die «Johannes», zur Aufführung und zwar mit Solisten, die noch nie in Schaffhausen zu hören waren: Eiko Hiramatsu (S), Christel Borchers (A), Claes Ahnsjö (T), Waldemar Wild und Franz Mayer (B) . Begleitet wurden diese Solisten von der Chorgemeinschaft Neubeuern und dem Bach-Collegium München. Leiter war Enoch zu Guttenberg.
Bei einem der beiden Orchesterkonzerte trat La Grand Ecurie et la Chambre du Roy aus Paris auf, im zweiten dann, mit Klaus Cornell als Dirigent, die Philharmonia Hungarica. Die Stuttgarter Hymnus-Chorknaben zusammen mit dem Collegium Johann Sebastian Bach unter der Leitung von Gerhard Wilhelm führten nebst dem Himmelfahrts-Oratorium die beiden Kantaten BWV 190 und 191 sowie Händels «Laudate pueni...» auf. Als Gegenstück dann im Stadttheater die beiden weltlichen Kantaten «Schweiget stille...» und «Geschwinde, geschwinde...» szenisch aufgeführt durch die Solisten, Chor und Orchester der Hochschule für Musik in München. Sicher für den Besucher etwas ungewohnt führte der in Schaffhausen so bekannte und beliebte Tenor Ernst Häfliger die Regie. Als Zeichen der reichhaltigen Programmgestaltung im Bach-Jahr 1985 (300. Geburtstag von Johann Sebastian Bach), sicher auch mit einem grossen materiellen Aufwand verbunden, wurde neben den beiden Passionen auch noch die h-Moll-Messe – ein Muss für Schaffhausen – aufgeführt.
Im St. Johann trennte eine weisse Blachenwand, mit einem grossen Kreuz verziert, die fünfschiffige Hauptkirche vom Chor. Diese Raumbeschränkung führte dazu, dass sich die Musiker vor dieser Blachenwand aufstellen mussten. Mit gemischten Gefühlen äusserten sich anfänglich die Konzertbesucher vorsichtig zu diesem Vorhaben. Die Begeisterung, dass trotz diesem räumlichen Eingriff die Akustik mehr oder weniger akzeptiert und die h-Moll-Aufführung durch die Stuttgarter Madrigalisten sowie u.a. der Sopranistin Kari Lövaas als gelungen bezeichnet werden konnte, zeigte sich dann am Schluss in der Presse. Natürlich war die grosse Frage, wird die Renovation der St. Johannkirche beim nächsten Bachfest 1988 schon abgeschlossen sein? Trotz dieser räumlichen Einschränkung und einiger damit verbundenen Umstellungen durfte das 15. Bachfest wieder einen Vertreter der Landesregierung begrüssen, nämlich Herrn Bundespräsident Kurt Furgler.

16. Bachfest Schaffhausen vom 8. – 15. Mai 1988
Dieses Bachfest, das 16. seit 1946, war wohl für die Organisatoren eine sehr schwierig «Knacknuss», denn die Stadtkirche St. Johann war eine riesige Baustelle und demzufolge nicht für Konzerte zu gebrauchen. Doch die Freude war gross, dass das Bachfest 1988 trotzdem mit einem prächtigen Programm seine stets grösser werdende Berechtigung zeigte. Anstelle der St. Johann-Kirche wurden die grossen Konzerte ins Münsters verlegt. Dass diese räumlich so herrliche und grossartige Basilika leider nicht die beste Akustik-Qualität besitzt (bis zu 7 Sekunden Nachhall...), wusste man bereits im Vorfeld. Trotzdem lobten die Besucher alle unter diesen schwierigen Umstände stattgefunden Konzerte im Münster sehr! Es waren dies die Johannes-Passion, Orchesterwerke I und II (ein Konzert mit dem Leipziger Bach-Collegium, Leitung Ludwig Güttler), «Orgel und Motetten» (Lionel Rogg, Organist, sowie die Regensburger Domspatzen, Leitung Georg Ratzinger, dem Bruder des späteren Papstes Benedikt). Der Zürcher Bach Chor und die Sinfonietta Basel führten als Schlusskonzert die h-Moll-Messe auf. Peter Eidenbenz hatte die Gesamtleitung.
Es zeigte sich, dass Schaffhausen weitere sehr geeignete Konzerträume besitzt. Neben dem Stadttheater (Kammermusik Musica Köln, Reihard Goebel als Leiter) standen die Rathauslaube (Klaviermusik und Cello-Suiten mit Heinrich Schiff) und die Kath. Kirche Santa Maria (Vesper mit den Schaffhauser Madriglisten) unter der Leitung von Gisela Zweifel-Fehlmann) zur Verfügung.
Als Neuigkeit stand eine Schifffahrt nach Diessenhofen auf dem Programm. In der Stadtkirche wurden geistliche Lieder und Chorwerke von Kari Lövaas (S) und Hannes Meyer an der Orgel aufgeführt. Als zweiten ausserstädtischen Konzertort wählte man wie schon in früheren Jahren die Bergkirche St. Moritz in Hallau. Davitt Moroney spielte an der Orgel und am Cembalo aus der «Kunst der Fuge», dazu noch diverse Choräle.
Trotz der anfänglich befürchteten Schwierigkeiten durch das Fehlen des St. Johann durfte dieses Bachfest als überaus geglückt abgeschlossen werden.

17. Bachfest Schaffhausen vom 3. – 12. Mai 1991
Erneut erfreute man sich über das hervorragende und sehr vielseitige Programm dieses Bachfestes. Gleich zu Beginn trat, mit Begleitung des Radio-Sinfonieorchesters Basel und Klaus Cornell am Dirigentenpult, der Schaffhauser Cellist Walter Grimme auf. Als Kleinkonzert waren in der Rathauslaube, gespielt von Christiane Jaccottet, die «Goldberg-Variationen» zu hören. Sicher als einer der Höhepunkte darf wohl das Konzert «Motetten und Orgelwerke» im frisch renovierten St. Johann hervorgehoben werden. Der in vergangener Zeit schon zweimal aufgetretene Thomanerchor aus Leipzig, unter der Leitung Hans-Joachim Rotsch, begeisterte das Publikum mit Motetten von Bach und einiger seiner Zeitgenossen. Während Hellmuth Rilling mit den Gächingern Chorwerke aufführte, übernahm Trevor Pinnock mit seinen The English Concert aus London die Gestaltung verschiedener Orchesterkonzerte von Johann Sebastian Bach. Der eigentlich in Ansbach entdeckte und heute weltberühmte Pianist Andràs Schiff beglückte mit seinem virtuosen Klavierspiel die zahlreichen Besucher. Kantaten und Orchesterwerke beinhaltete ein Festkonzert mit den Hallenser Madrigalisten, den Virtuosi Saxoniae und dem Leipziger Bach-Collegium. Die Leitung hatte Ludwig Güttler. Wieder einmal trat im Münster Peter Schreier mit dem reichhaltigen Programm von etwa 24 Liedern und Arien auf. Diethard Hellmann (neugewählter IGB-Präsident) begleitete ihn an der Orgel und auch am Cembalo.
Das Schlusskonzert – die h-Moll-Messe – erfolgte durch The Academy of Ancient Music London (Chor und Orchester) unter der Leitung von Christopher Hogwood. Bei den Solisten traten zum ersten Mal in Schaffhausen Namen in Erscheinung, die dann in den späteren Jahren in der gesamten Musikwelt immer wieder zu hören waren, nämlich Emma Kikby (S), Lynne Dawson (A), James Bowman und John Mark Ainsley (T) sowie David Thomas (B). Die beiden Festgottesdienste fanden im Münster statt, zum einen mit Pfarrer Dr. Martin Petzoldt aus Leipzig (später als «Ständiger Ehrengast der IBG» geehrt und Verfasser des grossen Bachkantaten-Buches) und dem Jugendchor Sindelfingen, zum anderen mit Pfarrer Georg Stamm (langjähriges Vorstandsmitglied und «Ehrenmitglied» der IBG), der Münsterkantorei und dem Kantonsschulchor Schaffhausen – Leitung Werner Geissberger.

18. Bachfest Schaffhausen vom 7. – 15. Mai 1994
Erstmals waren Chöre und Orchester aus dem Baltikum (Riga) zu Gast. Dies war nur möglich, weil Lettland erst kurz davor, auf Grund des Endes der Sowjetunion und damit auch der Besatzung, seine Selbstständigkeit erhalten hatte und ein freier Staat wurde. Kantatenwerke, Magnificat sowie das 2. Brandenburgische Konzert erklangen, aufgeführt durch den Kammerchor «Ave Sol» und das Kammerorchester «Gloria» – beide aus Riga – im St. Johann. Bei einem weiteren Konzert versuchte man mit Erfolg diese Ensembles mit dem Schaffhauser Oratorienchor zu vereinigen. Ebenfalls aus dem Ausland konzertierten das Freiburger Barockorchester mit dem Dirigenten Gottfried von der Goltz, die Münchner Bachsolisten unter Diethard Hellmann, sowie die Rheinische Kantorei mit Hermann Max als Leiter. Gleich zwei Konzerte fanden in der Stadtkirche St. Georg in Stein am Rhein statt. Zuerst der III. Teil der Clavierübung, dann Orchesterwerke mit Konzerten für mehrere Cembali. Die vier Cembalisten waren Gordon Murray, Brett Leighton, Attilio Cremonesi und Peter Liebmann (späteres IBG-Vorstandmitglied). Viele berühmte Musiker bereicherten mit ihren Auftritten auch dieses Bachfest ganz besonders, wie der Flötist Peter-Lukas Graf, der Cembalist Robert Hill und der Geiger Rainer Kussmaul.
Die h-Moll-Messe gestalteten dieses Mal der Dresdner Kreuzchor zusammen mit dem Kammerorchester der Dresdner Philharmonie unter der Leitung von Matthias Jung. Nebst Sabine Sommerfeld (S), Annette Markert (A), Robert Swensen (T) kam auch Klaus Mertens (B) dazu. Seine grandiose Bass-Stimme war erstmals in Schaffhausen zu hören und weitere Auftritte wiederholten sich bis zum heutigen Tag.
Neu waren nicht die beiden Mittagskonzerte an und für sich, sondern ihre Programme. Wenn beim ersten Konzert Claude Rippas-Trompetenensemble zusammen dem Schaffhauser Organisten Peter Leu nebst der Sinfonia aus der Ratswahl-Kantate BWV 29 einige neuzeitliche Kompositionen – Godfrey Keller und Claudio Cavadini – aufgeführt wurden, galt das zweite Konzert der Improvisation zum Thema Bach. Elektronik war angesagt und durch das Ensemble «Karl ein Karl» beeindruckend durchgeführt.

19. Bachfest Schaffhausen vom 3. – 11. Mai 1997
Zu den wie bis anhin ausgewählten grossen und kleinen Werke von Johann Sebastian Bach, haben sich in den letzten Bachfesten immer mehr auch neue Musikelemente, d.h. Werke von jüngeren Komponisten oder heutigen Zeitgenossen, die sich den Grundbegriffen des grossen Meisters verpflichtet haben, gesellt. In diesem Sinne vermittelte das 19.Bachfest einige sehr dominante Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Bestimmt das herausragendste Musikstück, welches Mendelssohn auf Bach bezogen schuf – die überabeitete Matthäus-Passion – erklang beim zweiten Festkonzert im St. Johann mit dem Württembergischen Kammerchor und dem Ensemble Stuttgart. Auch bei allen anderen Konzerten waren immer wieder Werke des eigentlich fast als «Bach-Wiederendecker» geltenden Mendelssohn zu hören, wie am Orgelabend mit Peter Leu, dann die Geigenstücke von John Holloway gespielt, eingebunden in der Aufführung verschiedener Kammermusiken. Eine Besonderheit war das Chorkonzert mit dem Windsbacher Knabenchor unter der Leitung von Karl-Friedrich Beringer, welcher zusätzlich zu Werken von Mendelssohn, auch solche von Brahms und Stücke von Clara Schumann vortrug.
Am Anfang dieses Bachfestes – beinahe als Paukenschlag wirkend – trat im Stadttheater das Zürcher Ballett von Heinz Spoerli mit Teilen der Goldberg-Variationen auf.
Obwohl in diesem Jahr nur ein Festgottesdienst durchgeführt wurde, war dieser dafür überaus beeindruckend. Einerseits durch diereichhaltigen Aufführungen von Motetten, Kantaten, Choralbearbeitungen und Fugen, welche Peter Leu an der Münsterorgel und Guido Helbling mit dem Kammerchor Schaffhausen und dem Serata Quartett vorgetragen hatten. Andererseits hatten die beiden Theologen – Pfarrer Matthias Eichrodt der ev. ref. Münster-Gemeinde und Pfarrer Mario Hübscher der röm. kath. Kirchgemeinde Santa Maria – gemeinsam einen überaus stimmungsvollen Gottesdienst gestaltet.

20. Bachfest Schaffhausen vom 27. Mai – 4. Juni 2000
Während bei früheren Bachfesten ausschliesslich Musik des grossen Meisters Johann Sebastian Bach zu hören war, hatte es sich bei den letzten Festen gezeigt, dass vermehrt auch Werke anderer Komponisten aufgeführt wurden. Grund dieser Entwicklung war und ist, dass jüngere Musiker und Musikwissenschaftler beim Zusammenstellen des Programms ihr Wissen einfliessen liessen und damit eben auch «Querverbindungen» von Bach zu anderen Komponisten aufzeigen wollen.
So kam es, dass beim Eröffnungskonzert – zudem noch nicht in Schaffhausen, sondern in der Trotte des Schlossen Rheinburg in Gailingen/D – nebst nur einer Bachsonate für Geige, ausschliesslich Werke von Zeitgenossen Bachs, sowie neuzeitliche Klänge zu hören waren. Mit dem Erfolg beim letzten Bachfest im Rücken fand wiederum eine Ballett-Aufführung des Ensembles des Opernhauses Zürich (Leitung Heinz Spoerli) statt. Die Klänge der Cello-Solo-Suiten mit Claudius Herrmann bildeten die musikalische Grundlage.
Als grosses Werk präsentierte der Kammerchor Schaffhausen zusammen mit der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz – Leitung Guido Helbling – die Johannes-Passion. Einen Tag später erklangen im Münster eine Kombination von Bach und einer Messiaen-Messe. Die Schola der Klosterkirche Muri/AG, begleitet von Peter Leu wurde durch Ihren Kantor Egon Schwarb geleitet. Kleinere Ensembles wie Il Giardino Armonica, oder Solisten wie Andreas Staier am Hammerklavier und der Cellist Christophe Coin waren in kleinen Konzerten zu hören. Neben dem Freiburger Barockorchester, welches inzwischen fast zum Bestand der Bachfeste in Schaffhausen zu gehören schien, durften wir erneut am 20. Bachfest wieder einmal den Thomanerchor Leipzig, mit dem Gewandhausorchester, unter Georg Christoph Biller, begrüssen: die «Leipziger» musizierten die h-Moll-Messe. Durch die deutsche Wiedervereinigung bestehen nun keine politischen Schwierigkeiten mehr, diesen einmaligen Chor nach Schaffhausen zu holen. Einen Teil dieses für Schaffhausen so wichtigen musikalischen Festes wurde mit dem für unsere Stadt ebenfalls wichtigen Element «Rheinfluss» verbunden, indem zweimal mit dem Schiff Konzertorte in Diessenhofen, St. Katharinental und Stein am Rhein aufgesucht wurden. Den Festgottesdiensten schenkten wir eine besondere Beachtung, indem dieses «Urelement» Bachscher Musik – mit sieben Festgottesdiensten und Kantaten – gepflegt wurde. Erneut bildeten diese Feierstunden das Wirkungsfeld der zahlreichen, hervorragenden Laien-Musiker unserer Region.
